SGB VIII-Reform der Kinder-und Jugendhilfe

Am 23.02.2017 fand ein Vortrag mit Podiumsdiskussion, initiiert durch das Thüringer Bündnis für Gute Soziale Arbeit in der Sozialen Arbeit und der Kindheitspädagogik in Kooperation mit der Friedrich Ebert Stiftung (FES), bei Radio F.R.E.I. statt. Norbert Hocke (GEW) referierte zum Stand der SGB VIII – Reform und zeigte Ansprüche und Einwände sowie Perspektiven des laufenden Diskussionsprozesses auf. In einer daran anschließenden Podiumsdiksussion wurde das Reformvorhaben bezüglich der Inhalte, Akteure und Abläufe kritisch diskutiert. Die Veranstaltung wurde aufgezeichnet und wird in einer geeigneten Form in Kürze durch Radio F.R.E.I. gesendet.
Das Thüringer Bündnis initiiert eine Arbeitsgruppe zur Reform. Diese trifft sich erstmalig am 20.03.2017 um 17.00 Uhr an der Fachhochschule Erfurt. Infos und Anmeldung: susanne.paton@fh-erfurt.de

Wer sich über den Stand des Reformprozesses infomieren will, findet hier den aktuellsten Referentenentwurf:
170317RefEntw_Staerkung_von_Kindern_und_Jugendlichen

Das Reforminteresse aus Sicht des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend/ Stand 09.03.2016:
reform_sgb_viii_standpunkt_bundesministerium

Einen guten Überblick über den Diskussionsverlauf bietet die Seite
http://kijup-sgbviii-reform.de/

Aus der Not (k)eine Tugend machen? Berufliche Herausforderungen in der Sozialarbeit mit Geflüchteten

Das Thüringer Bündnis für Gute Soziale Arbeit in der Sozialen Arbeit und der Kindheitspädagogik lädt gemeinsam mit der Friedrich Ebert Stiftung (FES) ein:

Ort:         Franz Mehlhose, Erfurt
Datum:   Do, 26. Mai 2016
Zeit:         18:00 Uhr

Abendveranstaltung & Podiumsdiskussion mit
– Jens Hennig (MitMenschen e.V. Erfurt, Sozialarbeiter)
– Jana Ikic (Diakonie Gera, Sozialarbeiterin)
– Diana Lehmann (Mitglied des Landtags & Migrations- und Arbeitsmarktpolitische Sprecherin der SPD)
– Dr. Christine Rehklau (FH Erfurt & Thüringer Flüchtlingsrat)
– Prof. Dr. Barbara Schäuble (Alice Salomon Hochschule Berlin & Mitverfasserin des Positionspapiers zur Sozialen Arbeit mit Geflüchteten in Gemeinschaftsunterkünften)

Wir freuen uns auf Eure/ Ihre Teilnahme!

Prekäre Arbeitsbedingungen bei Hilfen zur Erziehung

Workshop_HzE_Kongress_150915

Am 15.09.15 veranstalteten Susanne Paton und Barbara Lochner vom Bündnis
für Gute Arbeit in der Sozialen Arbeit und der Kindheitspädagogik im Rahmen des 1. Thüringer Fachkongresses Hilfen zur Erziehung an der Fachhochschule Erfurt einen Workshop zum Thema „Professionelle Hilfen zur Erziehung unter prekären Arbeitsbedingungen“. Mit 20 Teilnehmer*innen wurden die zentralen Herausforderungen der beruflichen Praxis in unterschiedlichen Arbeitsfeldern der Kinder- und Jugendhilfe diskutiert. Während die Mehrheit der Sozialarbeiter*innen ihre materielle und räumliche Ausstattung lobte, sehen sie insbesondere ihre knappen zeitlichen und personellen Ressoucen äußerst kritisch. Gemeinsame Feierlichkeiten und Gutscheine für das Fitnessstudio, so die mehrheitliche Meinung, wären nette Aufmerksamkeiten seitens der Arbeitgeber. Diese könnten aber nicht darüber hinwegtrösten, wenn die eigene Freizeit nicht geplant werden kann, weil man aufgrund von personellen Engpässen immer auf Abruf sei und nicht selten sogar krank auf Arbeit ginge. Insbesondere in 24-h-Einrichtungen sei die Kopplung der Mitarbeiter*innen-Zahl an die Anzahl der zu betreuenden Kinder und Jugendlichen absurd – „denn die Woche wird ja nicht kürzer, nur weil ich vorübergehend drei Kinder weniger habe“, so ein Teilnehmer. Thematisiert wurde auch die Schwierigkeit, in ländlichen Regionen überhaupt geeignete Bewerber*innen für ausgeschriebene Stellen zu finden, was Arbeitgeber jedoch bislang scheinbar nicht veranlasst, die Arbeitsbedingungen attraktiver zu gestalten.

Freie Träger als Lohndumping-Schraube?

Wovor das Thüringer Bündnis für gute Arbeit bereits im Mai 2014 gewarnt hat, wird ein Jahr später vom Kommunalen Arbeitgeberverband Thüringen e. V. (KAV) offen propagiert: Im Zuge der aktuellen Tarifverhandlungen betont der KAV die niedrigen Lohnkosten bei Einrichtungen in freier Trägerschaft. Dies ist ein klarer Aufruf zum Missbrauch des Subsidiaritätsprinzips.

Im Zug der Entscheidung der Erzieherinnen und Erzieher in Thüringen im Rahmen der aktuellen Tarifverhandlungen von ihrem Streikrecht Gebrauch zu machen, sichert die Landeselternsprecherin der Thüringer Kindertagesstätten, Frau Sandy Kirchner, den Streikenden öffentlich ihr Verständnis und ihre Unterstützung zu. Als Reaktion darauf wendet sich der Kommunale Arbeitgeberverband Thüringen e. V. am 07. Mai 2015 an Frau Kirchner, um ihr eindringlich – und auf der Grundlage falscher Zahlen – von einer Unterstützung der Streiks abzuraten. Die Forderungen wären „völlig überzogen“ und würden zu Lasten der Eltern gehen, so der KAV. Er spricht von einer Erhöhung der Elternbeiträge „um bis zu 20%“. Fett gedruckt ist im Schreiben des KAV zu lesen, dass die „Erzieherinnen und Erzieher bei freien Trägern, wie z. B. der AWO … deutlich weniger [verdienen] als Erzieherinnen und Erzieher des öffentlichen Dienstes“ und behauptet, dass die Gewerkschaften kein Interesse daran hätten, sich für die Rechte der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dort einzusetzen. Implizit wird hier der Adressatin zu verstehen gegeben, dass die Einrichtungen von freien Trägern vor allem eines sind: Eine kostengünstige Alternative zur kommunalen Kita und eine potentielle Lösung im Tarifstreit.

Mit der Erfurter Erklärung, die das Thüringer Bündnis für gute Arbeit in der Sozialen Arbeit und der Kindheitspädagogik am 21. Mai 2014 verabschiedet hat, wurden kommunale Träger aufgefordert sich in der Vergabe von Einrichtungen nicht von fiskalischen Überlegungen leiten zu lassen. Qualitative Kriterien sollten im Mittelpunkt stehen, wenn es um die Frage geht, welcher Träger eine Aufgabe am besten bewältigen kann. „Es muss verhindert werden, dass in Verfahren der Anbieter gewinnt, welcher mit den niedrigsten Kosten und damit regelmäßig dem niedrigsten Personalkostenansatz operiert“, so die Erfurter Erklärung.

In einem Brief hat sich damals die LIGA der Freien Wohlfahrtspflege von dieser Einschätzung distanziert. Sie schrieb dem Thüringer Bündnis am 22.10.2014: „In der unter der Überschrift ‚Schluss mit dem Missbrauch des Subsidiaritätsprinzips‘ enthaltenen Behauptung, dass (…) die Entscheidung, welcher freie Träger Kindertageseinrichtungen übernommen hat, nicht fachlich sondern aus rein fiskalischen Überlegungen geleitet war, widersprechen wir vehement“.

Das aktuelle Schreiben des KAV an den Landeselternverband spricht hier eine andere Sprache. In ihm werden die Kommunen als Opfer der Gewerkschaften stilisiert, während sich die freien Träger fröhlich dem Lohndumping hingeben könnten. Als Reaktion darauf sollten die freien Träger klare Signale setzen. Zum Beispiel indem sie sich deutlich von den Äußerungen des KAV distanzieren – oder indem sie den TVÖD für ihre Einrichtungen übernehmen und so gar nicht in die Verlegenheit kommen können, als Sparschwein der Kommune missbraucht zu werden oder fachliche Standards dem Konkurrenzdruck zu opfern. Es ist nicht hinnehmbar, dass der kommunale Arbeitgeberverband so unverhohlen seine Bereitschaft erklärt, wirtschaftliches Outsourcing auf der Grundlage fachgesetzlicher Vorgaben (Subsidiaritätsprinzip: SGB VIII§ 4) zu betreiben.

Frau Kirchner von der Landeselternvertretung hat übrigens mit einer fundierten Richtigstellung auf das Schreiben des KAV reagiert und ihn aufgefordert, „den Erzieher_innen ein angemessenes Angebot zu unterbreiten“. Im Namen der streikenden Kolleginnen und Kollegen bedanken wir uns für die Solidarität der Eltern mit den Arbeitnehmenden im aktuellen Tarifstreit.

Barbara Lochner & Susanne Paton
Sprecher*innen des Bündnisses

Hintergrundinformationen:

http://www.tlev-kita.de/2015/05/offener-brief-an-den-kommunalen-arbeitgeberverband-thueringen-e-v/

Einladung im Ministerium

Termin_HeikeWerner

Am 06.05.15 trafen sich VertreterInnen unseres Bündnisses mit Frau Heike Werner, Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie. In Weiterführung der „Erfurter Erklärung“ stellten wir das Anliegen des Thüringer Bündnisses für gute Arbeit vor, sprachen über die Notwendigkeit und Hürden der Einführung eines Branchentarifvertrags und die Auswirkung von Trägerstrukturen auf Formen der betrieblichen Mitbestimmung.

Kurzmitteilung

ErzieherInnen verdienen unsere Unterstützung!

Das Thüringer Bündnis „Gute Arbeit in der Sozialen Arbeit und der Kindheitspädagogik“ unterstützt die Streiks der ErzieherInnen in Kindertageseinrichtungen. Dass die Anforderungen im Bereich der früh-kindlichen Bildung, Erziehung und Betreuung gestiegen sind, ist gesellschaftlicher Konsens. Längst geht es nicht mehr nur um „Aufbewahrung“ der Kinder, während die Eltern arbeiten gehen. Um das leisten zu können, brauchen die MitarbeiterInnen gute Rahmenbedingungen. Ein Einkommen, von dem man leben kann, gehört dazu. Bislang verdienen ErzieherInnen in Thüringen durchschnittlich etwa 1.350 Euro netto – wenn sie zu den 25% der Beschäftigten gehören, die in Vollzeit arbeiten. Neben dem niedrigen Einkommen stellt die sogenannte „unfreiwillige Teilzeit“ ein großes Problem für die Beschäftigten dar. Daran muss sich etwas ändern, um langfristig die Betreuungsbedarfe junger Familien qualitativ hochwertig gewährleisten zu können, ohne dass die einzelne Erzieherin dafür an ihre persönlichen Grenzen gehen muss. Schon jetzt wandern viele PädagogInnen nach der Ausbildung nach Hessen oder Bayern ab, weil dort der Fachkräftebedarf hoch und die Beschäftigungsbedingungen besser sind.
In den aktuellen Tarifverhandlungen fordern die Gewerkschaften Anpassungen in den Eingruppierungen der Fachkräfte und Lohnerhöhungen bis zu 10%. Klingt viel? Klingt fair!
Das sehen auch die über 1.500 UnterstützerInnen des Bündnisses für Gute Arbeit so. „Die Eltern, mit denen wir über die Belange der Pädagoginnen und Pädagogen gesprochen haben, waren bisher immer sehr verständnisvoll und für das Anliegen der Fachkräfte aufgeschlossen. Sie sehen, was die Mitarbei-terinnen und Mitarbeiter in den Einrichtungen täglich leisten und wollen schon im Interesse ihrer Kinder zufriedenstellende Arbeitsbedingungen“, so Barbara Lochner, eine der Sprecherinnen des Bündnisses. Dafür wären viele bereit, Unannehmlichkeiten in Kauf zu nehmen. Für manche Eltern ergeben sich durch drohende Streiks allerdings akute Betreuungsprobleme und dafür müssen praktikable und unkomplizierte Lösungen gefunden werden. Gerade weil es den KollegInnen darum geht, ihre Forderungen nicht auf dem Rücken der Schwächsten der Gesellschaft auszutragen, streiken PädagogInnen eher selten und werden jetzt durch die einseitige Thematisierung ihres Arbeitskampfes als Betreuungsproblem eingeschüchtert. Deshalb ist es wichtig, dass die Zivilgesellschaft ihre Solidarität ausdrückt – im Gespräch mit den PädagogInnen, in Beiträgen zur öffentlichen Diskussion und in der gemeinsamen Suche nach Lösungen für Betreuungsengpässe während des Streiks.
Barbara Lochner & Susanne Paton
Sprecher*innen des Bündnisses